Anfall der Erbschaft in einem Insolvenzverfahren
Befindet sich ein Erbe im Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft in einem Insolvenzverfahren, so gehört diese gem. § 35 InsO zur Insolvenzmasse. Der Erbe ist in diesen Fällen daher verpflichtet, dem Insolvenzverwalter den Nachlass vollständig zum Zwecke der Befriedigung der Insolvenzgläubiger herauszugeben. Dieses Ergebnis kann unter Umständen bereits durch eine abgestimmte Nachlassplanung des Erblassers verhindert werden. Aber auch wenn der Erbfall bereits eingetreten ist, gibt es in vielen Fällen noch die Möglichkeit, beispielsweise durch eine Ausschlagung der Erbschaft diese „zu sichern“. Das Ausschlagungsrecht ist ein höchstpersönliches Recht des Insolvenzschuldners, über welches der Insolvenzverwalter nicht verfügen kann. Im Jahr 2011 hat der BGH darüber hinaus entschieden, dass der Insolvenzschuldner durch die Ausübung seines Ausschlagungsrechtes auch nicht gegen seine insolvenzrechtlichen Pflichten verstößt. Allerdings setzt diese „Gestaltungsmöglichkeit“ voraus, dass eine Ausschlagung rechtlich noch möglich ist und der Insolvenzschuldner sich über die erbrechtlichen Konsequenzen seiner Ausschlagung bewusst ist. Alternativ kann oftmals auch eine Verständigung mit den Insolvenzgläubigern über eine Aufteilung der Erbschaft im Falle der Annahme in Betracht gezogen werden. Aufgrund der hier zu beachtenden kurzen Ausschlagungsfrist, der einzuhaltenden Formvorschriften und der Gefahr einer vorzeitigen Annahme der Erbschaft durch das eigene Verhalten ist eine kurzfristige anwaltliche Beratung in diesen Fällen oftmals unerlässlich.
Anfall der Erbschaft während der Wohlverhaltensperiode
Von einem Anfall der Erbschaft während eines Insolvenzverfahren ist der Anfall der Erbschaft in der sog. „Wohlverhaltensperiode“ zu unterscheiden. Während der Wohlverhaltensperiode ist der Schuldner gem. § 295 Abs.1 Ziff. 2 InsO verpflichtet, die Hälfte des Wertes des Vermögens an den Treuhänder herauszugeben, das er von Todes wegen erwirbt. Möchte er dieses Ergebnis vermeiden, so stehen ihm auch in dieser Phase wieder verschiede Handlungsoptionen offen, deren rechtliche Tragweite es im Einzelfall abzuwägen gilt. Entschließt sich der Schuldner die Erbschaft oder das Vermächtnis anzunehmen, so gilt es zu berücksichtigen, dass er alleine den Nachlass verwerten und die Hälfte des Erlösbetrages an den Treuhänder herausgeben muss. Im Übrigen ist er verpflichtet, den Anfall der Erbschaft unverzüglich dem Treuhänder anzuzeigen. Verstößt er gegen seine insoweit gegebenen Obliegenheitsverpflichtungen droht eine Versagung der Restschuldbefreiung.
Besonderheit Pflichtteilsansprüche
Stehen dem Insolvenzschuldner Pflichtteils- und/oder Pflichtteilsergänzungsansprüche zu, so gehören auch diese zur Insolvenzmasse. Da es sich hierbei jedoch um höchstpersönliche Ansprüche handelt und mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit verhindert werden soll, dass sie gegen den Willen des Berechtigten geltend gemacht werden, können diese vom Insolvenzverwalter nur dann geltend gemacht werden, wenn sie bereits rechtshängig oder anerkannt sind. Ein Unterlassen führt wie die Ausschlagung einer Erbschaft nicht zu einer Versagung der Restschuldbefreiung. Dieser Umstand ist bereits im Rahmen der Nachlassplanung zu berücksichtigen.
Tritt der Erbfall während des laufenden Insolvenzverfahrens ein, kann der Pflichtteilsberechtigte nicht durch ein Zuwarten mit der Geltendmachung des Anspruch bis zur Verfahrensbeendigung verhindern, dass der Anspruch der Masse zufließt. In diesen Fällen würde es zu einer Nachtragsverteilung kommen. Anders ist dies jedoch, wenn der Erbfall erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens während der Wohlverhaltensperiode eintritt. Wird der Pflichtteilsanspruch hier erst nach der Erteilung der Restschuldbefreiung geltend gemacht, gehen die Insolvenzgläubiger leer aus. Der Schuldner sollte jedoch eine mögliche Verjährung seiner Pflichtteilsansprüche berücksichtigen. Unter Umständen sollte daher auch hier wiederum eine Verständigung mit den Insolvenzgläubigern in Betracht gezogen werden.
Besonderheit Vermächtnisse
Bei dem Anfall eines Vermächtnisses gilt grds. das zum Pflichtteil Gesagte entsprechend. Auch der Vermächtnisanspruch entsteht grds. mit dem Erbfall. Im Unterschied zur Erbschaft bedarf es zur Entstehung des Vermächtnisanspruches jedoch einer Annahmeerklärung bzw. Handlung, da es hier keine Frist zur Ausschlagung gibt. Da es sich auch bei einem Vermächtnisanspruch um ein höchstpersönliches Recht handelt, welches nicht durch den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder angenommen werden kann, kann der Vermächtnisnehmer durch eine Ausschlagung des Vermächtnisses wiederum verhindern, dass es in die Insolvenzmasse fällt. Tritt der Erbfall erst nach Beendigung des Insolvenzverfahrens während der Wohlverhaltensperiode ein, so hat der Vermächtnisnehmer auch hier wieder die Möglichkeit, durch ein Aufschieben der Annahme des Vermächtnisses zu verhindern, dass er die Häfte an den Treuhänder herausgeben muss. Auch hier sollte er allerdings wieder darauf achten, dass dies nicht zu einer Verjährung seiner Ansprüche führt.
Wir beraten Sie sowohl in erbrechtlicher, als auch in insolvenzrechtlicher Sicht in den Fällen, in denen Sie sich in einem Insolvenzverfahren oder in der Wohlverhaltensperiode befinden und aufgrund eines Erbfalles Erbe oder Vermächtnisnehmer werden oder Pflichtteilsberechtigter sind. Hierzu gehört, dass wir mit Ihnen die verschiedenen Handlungsoptionen besprechen und unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Situation Ihnen den Weg aufzeigen, der Ihren individuellen Interessen gerecht wird. Wir stellen dabei insbesondere sicher, dass Sie Ihren Obliegenheitsverpflichtungen nachkommen und nicht Ihre Restschuldbefreiung gefährden. Als Erblasser beraten wir Sie umfassend im Hinblick auf Ihre individuelle Nachlassplanung und berücksichtigen dabei mögliche Insolvenzrisiken bei der von Ihnen beabsichtigten Erbeinsetzung bzw. bei Ihren gesetzlichen Erben. Als Insolvenzverwalter und Treuhänder vertreten wir Ihre Interessen im Hinblick auf die Prüfung und Durchsetzung Ihrer Herausgabeansprüche gegenüber den Schuldnern und übernehmen für Sie auf Wunsch auch die Durchsetzung der sich in der Masse befindlichen Erbansprüche einschließlich der Erbauseinandersetzung.
Aufgrund unserer langjährigen Spezialisierung im Bereich des Insolvenz- und Erbrechtes sind wir insbesondere an der Schnittstelle der beiden Rechtsgebiete ihr kompetenter Ansprechpartner. Unsere Fachanwälte für Erbrecht und Insolvenzrecht kennen die erbrechtlichen Gestaltungsinstrumente, um zu verhindern, dass das Erbe „verloren“ geht. Gleichzeitig gewährleisten wir eine umfassende rechtliche Beratung über die sich hieraus ergebenen rechtlichen Konsequenzen. Aufgrund unserer Tätigkeit im Bereich der Insolvenzverwaltung sind wir auch mit der Bewertung der Sachverhalte aus Sicht des Insolvenzverwalters und Treuhänders bestens vertraut.